„Wald im Fokus: Europäische Gesetzgebung, nationale Vorgaben und gesellschaftliche Ansprüche im Dialog“

Kempten, 13. August 2024

Im Rahmen der Allgäuer Festwoche fand am Dienstag der Allgäuer Holztag als Podiumsdiskussion statt, die die drängenden Herausforderungen und Chancen für die Forstwirtschaft in den Mittelpunkt stellte. Unter dem Titel „Wald im Fokus: Europäische Gesetzgebung, nationale Vorgaben und gesellschaftliche Ansprüche im Dialog“ diskutierten führende Vertreter aus Politik, Forstwirtschaft und Holzindustrie über die Auswirkungen neuer gesetzlicher Vorgaben und den Weg in die Zukunft.

Urban Treutlein, Ministerialrat am Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, skizzierte in seinem Beitrag, wie sich das neue Gesetz zu entwaldungsfreien Lieferketten sowie das neue Bundeswaldgesetz auf die Waldbewirtschaftung auswirkt. Er betonte, dass die EUDR (European Deforestation Regulation) darauf abzielt, den Konsum von Produkten, die aus Entwaldungsprozessen resultieren, zu verringern und somit zur globalen Klimaschutzstrategie beizutragen. Diese Vorschriften verlangen, dass jeder Holzverkäufer nachweist, dass seine Waren nicht zur Entwaldung oder Walddegradierung beigetragen haben. Dies soll durch die Rückverfolgbarkeit der Produkte, die Bewertung des Entwaldungsrisikos, entsprechende Risikominderungsmaßnahmen und regelmäßige Berichterstattung an die zuständigen Behörden sichergestellt werden.

Julia Möbus, Geschäftsführerin des Deutsche Säge- und Holzindustrie Bundesverbands e.V., wies darauf hin, dass viele Unternehmen derzeit noch nicht in der Lage sind, die damit entstehenden neuen Daten in ihren Systemen zu verarbeiten, und dass Lösungen noch nicht in Sicht sind. Sie warnte, dass dies bei Inkrafttreten der neuen Vorschriften dazu führen könnte, dass Unternehmen unabsichtlich außerhalb des Rechtsrahmens operieren. Auch aus der Perspektive des Waldbesitzes würde dies eine weitere hinderliche Formalie darstellen, so Bernhard Breitsameter, Präsident Bayerischer Waldbesitzerverband e.V., die die dringend notwendige Holzernte behindern könnte und zu einer massiven Demobilisierung der Waldbesitzer führt. Noch nie waren die Holzvorräte so hoch wie derzeit, und je mehr Holz auf den Flächen steht, desto höher ist das Risiko für Schadereignisse.

Erwin Taglieber, Präsident des Deutschen Holzwirtschaftsrats, betonte die Bedeutung der Holzversorgung, da rund 130.000 Betriebe in Deutschland Holz als Arbeitsgrundlage nutzen. Er hob die Bedeutung der Holzbauinitiative hervor, die klare Ziele für die Zukunft setzt, und erwähnte die Initiative „Wald rettet Klima“, die ein weiteres Zeichen für die Bedeutung nachhaltiger Forstwirtschaft setzt. Taglieber warnte, dass die neuen EU-Regeln nicht zu einer Minimierung des Holzeinschlags durch zusätzliche Formalitäten führen dürften.

Niklas Wagener, MdB Bündnis90 Grüne/Die Grünen, pflichtete dieser Sorge bei und betonte, dass es differenzierte Bewertungssysteme für Europa brauche und der Einsatz modernster Satellitentechnik unerlässlich sei. Diese Technologie ermögliche es, forstliche Einsätze zu erfassen, ohne dass jeder einzelne bürokratische Herausforderungen bewältigen muss.

Ein weiterer Diskussionspunkt war das Bundeswaldgesetz, das im aktuellen Arbeitsstand wesentliche Auswirkungen auf die Entscheidungsfreiheit der Waldbesitzer im Umgang mit ihren Flächen haben könnte. Treutlein merkte an, dass viele Aspekte des aktuellen Gesetzes sich bewährt haben, während Breitsameter ergänzte, dass es wichtig sei, die laufende Bundeswaldinventur abzuwarten. In ihr werde sich zeigen, dass der Forst bereits in Richtung der angestrebten Mischwälder bewirtschaftet wird.

Wagener betonte, dass die diskutierten Punkte einem Arbeitsstand im Gesetzentwurf entsprächen, dessen Verfahren noch andauert und der im weiteren Verlauf noch anders ausgearbeitet werden könnte. Zudem wies er darauf hin, dass es um eine Anpassung des Gesetzes an die heutige Zeit ist, da damals noch keine Rede vom Klimawandel war. Ziel sei es, ein schlankes Waldgesetz zu schaffen, das den aktuellen Belangen entspricht. Möbus merkte an, dass etwas Festgezurrtes hinderlich sein könne, wenn es an Flexibilität bedarf.

 

Bernhard Breitsameter ergänzte dazu, dass gesetzliche Soll-Bestimmungen, die MdB Wagener in Aussicht gestellt hat, bei den Behörden gern zu einem Muss interpretiert werden, was oftmals kontraproduktiv ist.
Niklas Wagener sprach sich auch gegen zu viel Stilllegungen und übermäßige Regulationen wie z.B. strenge Rückegassenabstände aus, inwieweit dies auf parteipolitischer Ebene mitgetragen wird, blieb offen. Dennoch war spürbar, dass die Veranstaltungsteilnehmer – gerade angesichts der einhelligen Meinung der versammelten Verbandsvertreter – bereit sind, ihn in seinem Vorhaben zu unterstützen.

Die Podiumsdiskussion verdeutlichte die komplexen Herausforderungen, vor denen die Forstwirtschaft steht, und machte zugleich Hoffnung auf zukunftsfähige Lösungsansätze, v. a. bei der Abkehr von Stilllegungen von Waldflächen. Der Appell der Teilnehmer war eindeutig: Der Wald braucht klare, unbürokratische Regelungen, die sowohl die Bewirtschaftung als auch den Schutz der Wälder sicherstellen und den Waldbesitzern das nötige Vertrauen entgegenbringen, um ihre wichtige Arbeit fortzusetzen.

Einig waren sich die Teilnehmer, dass der Dialog zwischen allen Beteiligten – von der Politik über die Wirtschaft bis hin zur Gesellschaft – unerlässlich ist, um die Balance zwischen ökonomischen Interessen und dem Schutz der natürlichen Ressourcen zu finden.